von Alexandra Tuschka
Ist es noch naiv oder schon surreal? Der Maler Henri Rousseau, der sich mit 41 Jahren von seinem Beruf als Zöllner pensionieren ließ, um der Malerei nachzugehen, lässt sich nicht ohne weiteres in die üblichen Stilbegriffe einordnen.
Ein spartanisches Bild ist es gewiss: Ein Mädchen liegt im Vordergrund neben einer Mandoline und schläft. Selbst im Traum hält sie ihren Wanderstab noch in der Hand. Ein Löwe steht dicht hinter hier und beschnuppert die Schlafende an der Schulter. Rechts im Bild befindet sich zudem eine Vase. Im Hintergrund sehen wir das Meer, eingerahmt von einer Berglandschaft. Am Himmel steht der Vollmond. Rousseaus Vorliebe für große Farbflächen, für vereinfachende Muster und Konturen äußert sich auch hier. Das wellenförmige Haar des Mädchens findet sich in ihrem Gewand und ihrer Decke deutlich wieder. Auch die klare Komposition , die durch verschiedene Horizontale gegliedert ist, weist diese Parallelität auf. Weniger gewiss ist der dargestellte Moment: Träumt das Mädchen und erscheint der Löwe im Traum oder hat er sich an sie herangepirscht, während sie schläft? Geht von ihm eine Bedrohung aus?
Rousseau selbst gibt uns auf dem Rahmen des Bildes die Antwort: Die Katze, obwohl wild, zögert, sich auf die Beute zu stürzen, die, vor Müdigkeit erschöpft, tief eingeschlafen ist.
Henri Rousseau - Die schlafende Zigeunerin
Öl auf Leinwand, 1897, 130 x 201 cm, Museum of Modern Art in New York