von Anne Mrosowksi
Die "Sixtinische Madonna" ist als eines der populärsten Werke der Kunstgeschichte zu bewerten. 1512 wurde die Sixtina von Raffael als Altarbild für die Klosterkirche in San Sisto gemalt. Auf Verlangen von August III. wurde das Werk schließlich im 18. Jahrhundert nach Dresden überführt und gilt als das vermutlich zentralste Werk in der Alten Gemäldegalerie der Landeshauptstadt. Perfekt im Sinne des Goldenen Schnitts durchkomponiert, tritt uns Maria als Epiphanie, als leibhaftige Erscheinung in voller menschlicher Gestalt und Größe gegenüber. Der Zustand zwischen einer schwebenden und einer vorwärts schreitenden Bewegung unterstreicht ihre göttliche Erhabenheit. Maria trägt ein einfaches Gewand in traditionellen Farben. Indem sie ihr Kind mit dem Schleier umwickelt, drückt sich die enge Verbundenheit zwischen den beiden aus. Ihre vorwärts gewandte Blickrichtung ziehen den Betrachter mit in das Geschehen. Im linken Bildrand sieht man den Heiligen Sixtus, Schutzpatron und Namensgeber der Kirche in San Sisto. Als Attribut stellte ihm Raffael die Papstkrone zur Seite. Mit der rechten Hand zeigt er aus dem Bild heraus auf die in San Sisto lebenden Mönche. Auch die Heilige Barabara rechts im Bild gilt als Schutzpatronin. Ihre Geste und der in sich gekehrte Blick symbolisieren eine rege Innerlichkeit. Raffael wählt eine kleinteilige Farbgebung, um die geschlossene Gestalt aufzulockern. Die Zusammenführung der erhobenen Mutter Maria mit dem Jesusknaben in Beisein von Heiligen nennt man „sacra conversazione“. Eine Kommunikation, wie diese Bezeichnung es vermutet, muss dabei aber nicht stattfinden.
Im vorderen Bildgrund sind die weltweit berühmten und vielfach zitierten Engel abgebildet. Durch ihre kindliche, menschliche Darstellung symbolisieren sie die Schwelle zur irdischen Welt und schlagen eine weitere Brücke zum Betrachter. Die Engel wurden von Raffael nachträglich ins Bild gefügt, als dieser während des Malprozesses merkte, dass ihm ein kompositorischer Schwerpunkt im unteren Bildrand fehlte.
Raffael gelang mit der Sixtina und der Nebeneinanderstellung von irdischen und himmlischen Elementen ein sinnlich nachvollziehbares Altarbild, welches den ersten Schritt zu einer völlig neuartigen Inszenierung der Verklärung Christi darstellte.
Raffael - Die Sixtinische Madonna
Öl auf Leinwand, 1512/1513, 256 x 196 cm, Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden