von Alexandra Tuschka
Wie als würde Jesus von einem Thron steigen, berührt sein rechter Fuß bereits den Boden. Seine Mutter ist in den typischen Marienfarben blau und rot zu stehen. Blau kann hier symbolisch gedeutet werden für die himmlische Sphäre, aus der Jesus auf die Erde tritt. Maria ist hier mit einem Stundenbuch zu sehen, welches wir aus Verkündigungsszenen kennen. Diese waren ein übliches Medium im häuslichen Umfeld im Mittelalter für die Auseinandersetzung mit dem Glauben. Der Finger im Buch verweist wie ein Lesezeichen auf die Unmittelbarkeit der Szene, aber auch auf Marias Gläubigkeit und innere Einkehr.
In einem Tondo – ein schweres Bildformat! - sind Mutter Maria, Jesus und Johannes der Täufer zu sehen. Alle drei sind gekonnt in einer Dreieckskomposition eingefügt. Maria hat sich an einem Wurzelvorsprung angelehnt. Sie sitzt auf dem Boden und ist somit als „Madonna del'Humilita“ zu sehen – die Maria der Demut.
Johannes wiederum, ein halbes Jahr vor Jesus geboren und mit ihm verwandt, ist mit seinen Attributen ins Bild gekommen. Da er später als Asket in der Wüste leben würde, sieht man ihn hier bereits in Kamelhaarfell und mit Kreuzstab. Dieser wird von Jesus angenommen – und so im übertragenen Sinne auch der Leidensweg akzeptiert. Die Heiligenscheine der Figuren sind noch leicht und höchst filigran angedeutet. Anfang des 16. Jahrhunderts beginnen Künstler bereits langsam, auf diesen zu verzichten.
Raffael - Alba Madonna
Öl auf Leinwand, 1510, 94.5 cm Durchschnitt, National Gallery of Art in Washington D.C.