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Pieter Breughel d. Ältere – Der Kindermord von Bethlehem

von Alexandra Tuschka


Die Reaktion von König Herodes auf eine Information der Sterndeuter, dass der König der Juden geboren wurde, könnte wohl nicht grausamer sein. Die Stadt, in der das Kind geboren wurde, Bethlehem, wurde von den Soldaten der Armee heimgesucht und alle Knaben, die unter 2 Jahren alt waren, von dieser ohne Zögern ermordet. Die heilige Familie konnte sich durch die göttliche Hilfe, in Form einer Warnung im Traum, bereits auf die Flucht nach Ägypten machen.

Diese Episode wird bei Matthäus im 2. Buch in nur 3 Versen beschrieben. Obwohl so kurz gehalten, hielt das Thema Einzug in die bildende Kunst und bot sich für vielfigurige und dramatische Motive an. Bei Pieter Breughel d. Älteren finden wir Bethlehem noch als zeitgenössische flämische Stadt vor. Der Schnee hat sich über die Szene gelegt, die Bäume sind kahl und das ganze Dorf ist wimmelbildartig aus den Türen in den Bildmittelpunkt getreten. Neben voll berüsteten Männern auf Pferden, welche wohl als spanische Einheit zu identifizieren ist, sehen wir auch viel einfacher gekleidete Personen, einheimische Flamen, die bspw. in das Haus rechts eindringen. Zudem sind einige Reiter erkennbar an den roten, flauschigen Jacken hinzugekommen, damals eine Art Polizeieinheit. Auf einem Pferd wird ein Hofbeamter von den Dorfbewohnern flehend umringt. In vielen Einzelszenen, wie bspw. links am Haus, schützen angsterfüllte Mütter ihre Kinder. Nach diesen Elementen, die eigentlich das Bildthema erkennbar machen, muss man allerdings schon etwas suchen. Zahlreiche Übermalungen sind heute nachvollziehbar, die uns inhaltlich irritieren, lenken sie doch vom Kindermord ab und scheinen so gar nicht dazu zu passen. So finden wir in der Bildmitte die Tötung von Truthähnen durch Lanzenstiche vor. Offenbar gleicht das Bildthema eher einer Plünderung durch feindliche Truppen.



Eine Kopie des Bildes, womöglich erschaffen vom Sohn des Künstlers, Pieter Breughel d. Jüngere, kann uns weiterhelfen. Es galt einige Zeit gar als das Original des Werkes. Beide Bilder sind sich offenkundig in der Großzahl des Dargestellten sehr ähnlich, variieren aber in vielen, kleineren Teilszenen. Der Vergleich beider Gemälde zeigt nun auch deutlicher, wieso wie es hier mit dem biblischen Thema zu tun haben. So scheint im älteren Bild eine Frau ihre Laibe Brot anzubeten; in der Kopie des Sohnes liegt hier aber ein totes Kind. Auch werden die Truthähne durch Kinderkörper ersetzt. Auch sehen wir bspw. am rechten Haus einen Stern an der Gasthausfahne, der auf die biblische Geschichte verweist. In der bearbeiteten Version wurde dieser unkenntlich gemacht. Nun sehen wir auch inmitten der spanischen Soldaten einen Mann, der doch sehr stark dem Herzog von Alba gleicht; der damals die Niederlande mit seinen Truppen besetzte. Auch der Herold auf dem Pferd trägt in der Kopie den Doppeladler auf dem Wappenrock, sowie der Befehlshaber rechts den gelb-schwarzen Feldherrenstab; beides Verweise auf die Habsburger. Wieso aber diese vielen Veränderungen?


Beide Werke befanden sich einst in der Sammlung Kaiser Rudolfs II. Das jüngere Bild machte sich dann früh auf den Weg in die königliche Sammlung von England. Womöglich war dem Kaiser das Bildthema zu brutal, die politischen Verweise allzu deutlich, befand er sich doch selbst in heftigen sozialen Auseinandersetzungen. Letztlich können wir dies nicht abschließend klären, uns aber dankbar erweisen, dass das ältere Bild uns dank seiner Kopie nicht mit allzu vielen Fragezeichen zurücklässt.


Pieter Breughel d. Ä. – Kindermord von Bethlehem

Öl auf Leinwand, 16. Jh., 109 x 151 cm, Royal Collection, London


Kopie nach Pieter Breughel d. Ä. / wmgl. Pieter Breughel d. J. – Kindermord von Bethlehem

Öl auf Eichenholz, 4. Viertel 16. Jahrhundert, 116 × 159,7 cm, Kunsthistorisches Museum, Wien

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