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Raffael Santi - Der Triumph der Galatäa

von Alexandra Tuschka


Drei Engel am Himmel zielen mit angezogenem Bogen auf eine schöne Frau in der Mitte unseres Werkes. Ihre Pfeile töten nicht, stattdessen machen sie denjenigen, die sie treffen, verliebt. Sie eilt mit ihrem Delfinwagen hastig aus dem rechten Bildteil heraus. Die Delfine sehen etwas angestrengt aus und ihr rotes Gewand flattert bewegt im Wind. Belebt wird diese Szene von weiteren Figuren. Kreisförmig um die Protagonistin herum, sind zwei Dreiergruppen formiert, darunter einige Mischwesen. Die Horizontlinie ist unbewegt und fast genau auf der Mittelachse zu sehen. Als Bewunderer der Antike strebte Raffael nach Harmonie und Ausgewogenheit, und ist trotz der klaren Komposition des Bildes in vier gleiche Teile, weit davon entfernt, die Szene durch strenge geometrische Prinzipien zu versteifen.

Es handelt sich bei diesem Werk um ein Fresko, also eine Wandmalerei, die von allen Seiten durch ein dekoratives Fries begrenzt wird. Daher kann es nur richtig verstanden werden, wenn man seine Umgebung mit einbezieht. In diesem Fall befindet sich links von Galatäa ein weiteres Fresko, welches unabdingbar für die Interpretation der Szene ist. Hier ist der Zyklop Polyphem zu sehen. Die tragische Liebesgeschichte der beiden entstammt Ovids Metamorphosen.

Galatäa war eine schöne Bergnymphe, in die sich der einäugige Riese Polyphem verliebte. Sein Werben war etwas ungeschickt und leider vergeblich; Galatäa verschmähte den Riesen und wies ihn ab. Der verliebte Freier suchte nun Trost in Gesang und Tanz, weshalb er oft, wie auch hier, mit einer Hirtenflöte zu sehen ist. Als Galatäa sich nun in den jungen und attraktiven Acis verliebte, zerschmetterte der Riese diesen aus Eifersucht mit einem Fels. Galatäa verwandelte das Blut des Liebhabers in einen Fluss, der auch seinen Namen bekam.


Hier befindet sich der Zyklop Polyphem, welcher auf einem Stein Platz genommen hat und zur schönen Nymphe Galatäa herübersieht, links. Die Tragik seiner unerwiderten Liebe wird durch die Einsamkeit der Situation und seinen sehnsüchtigen Blick nach rechts ausgedrückt. Aber sie hat kein Bedürfnis nach seiner Nähe: die Flucht über das Meer rettet die Nymphe vor den penetranten Annäherungsversuchen des Riesen. Damit wird auch der titelgebende "Triumph" erklärt. Während Galatäa sich durch ihre Körperhaltung auch allzu lüsternen Blicken des Betrachters entzieht, ist die sinnliche Szene zwischen Triton und einer Nymphe im Vordergrund eindeutiger.


Während das Fresko mit Galatäa von Raffael ausgeführt wurde, war das Gegenstück eine Kreation Sebastiano del Plombos, dessen kunsthistorische Bedeutung erst in den letzten Jahren aufgearbeitet wird. Künstlerisch betrachtet können wir ohne Probleme einwenden, dass beide Werke sich stark in Farbauftrag, Ausführung und Ästhetik unterscheiden. Auch ganz konkrete Punkte, wie die unterschiedlichen Horizontlinien und die andere Meeresfarbe verhindern einen allzu verbindenden Eindruck beider Werke. Kein Wunder also, dass die Galatäa oft alleine betrachtet wird und als Meisterwerk gilt, während der Polyphem, ganz seinem literarischen Schicksal, wenig Beachtung gefunden hat. Die Drehungen innerhalb der Körper machen auf Raffaels Kenntnis der Anatomie aufmerksam und schaffen Variantenreichtum. Auch Humor beweist der Italiener, insbesondere durch den weiteren Engel, versteckt in den Wolken, der mit Pfeilnachschub wartet. Dieser ist offenbar, wie auch der Engel vorne, der vergeblich versucht, den Wagen aufzuhalten, vom Zyklopen geschickt worden.


Raffael kam mit 26 Jahren nach Rom, wo sich bereits andere große Künstler wie auch Michelangelo einen Namen gemacht hatten. Dieses Fresko wurde vom Bankier Agostino Chigi in Auftrag gegeben, einem der reichsten Männer dieser Zeit und ein wichtiger Akteur im 16. Jahrhundert. Seine - heute unter dem Namen Villa Farnese - bekannte Sommerresidenz ist mit allerhand hochwertiger Kunst ausgestattet. Diese beiden Werke befinden sich in einer der beiden Loggias, diese wird auch "Loggia der Galatäa" genannt. Eine weitere zeigt Amor und Psyche.


Raffael Santi - Der Triumph der Galatäa

Fresko, 1511, 295 × 225 cm, Villa Farnese, Rom Sebastiano del Piombo - Polyphem

Fresko, 1511, 295 × 225 cm, Villa Farnese, Rom


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