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Pieter Bruegel der Ältere - Die Predigt Johannes des Täufers

von Alexandra Tuschka


In diesem Wimmelbildartigen Menschenauflauf müssen wir wirklich genauer hinsehen, um den titelgebenden Johannes bei seiner Predigt zu entdecken. Die Blickachsen der Anwesenden verweisen auf ihn und so wird der aufrecht stehende, bärtige Mann etwas oberhalb des Bildmittelpunktes als Protagonist ausgemacht. Es ist Johannes der Täufer in seinem einfachen Büßergewand, der bereits einige Jahre als Akset in der Wüste gelebt hatte. Nun richtet er seine Worte an das Volk. Und obwohl Bruegel als der "Bauernmaler" bekannt ist, haben sich hier Menschen aller Stände und Herkünfte zusammengefunden. Wir sehen Gesunde neben Kranken, Bauern und Zigeuner neben Adligen, Flamen, Türken, Chinesen und Spanier gemeinsam. Die großen Unterschiede in Ständen und Herkunft verkörpern den Inhalt der Rede: die Einheit allen Seins. In dieser Szene sind noch nicht alle Anwesenden von den Worten des Johannes ergriffen. Manche scheinen noch zu debattieren (vorne links), sind skeptisch oder zögerlich, andere sind erstaunt oder verlieren gar das Bewusstsein (oder ist doch eher ein unverschämtes Gähnen gemeint?). Einige sind kurzerhand auch auf die umliegenden Bäume geklettert, um die Worte zu vernehmen. Die Worte Gottes richten sich an alle Menschen. Das Volk meinte bereits, in Johannes den angekündigten Messias zu erkennen, aber dieser verwies auf Jesus:


Mk1,7 Und er predigte und sprach: Nach mir kommt der, der stärker ist als ich; ich bin nicht wert, dass ich mich vor ihm bücke und die Riemen seiner Schuhe löse. 8 Ich habe euch mit Wasser getauft; aber er wird euch mit dem Heiligen Geist taufen.

Der Akt der Taufe ist hier rudimentär im Fluss angedeutet, den wir im Hintergrund erkennen. Aber ein viel wichtigeres Motiv offenbart sich, wenn wir der Handbewegung des Täufers folgen. Sogleich macht unser Blick an Niemand Geringerem als Jesus selbst Halt, der abwartend und mit verschränkten Armen etwas hinter seinem Cousin steht. Nur Einzelne haben sich in der Masse auch zu Jesus umgedreht. Die Ignoranz des Volkes wird hier sehr stark verbildlicht und birgt auch einen gewissen Humor. Diese Szene spielt eigentlich in der Wüste, wurde aber, wohl auch aufgrund fehlendes Wissens, von den Zeitgenossen Bruegels oft als "unkultiviertes Land" interpretiert, so dass wir die Szene hier in eine Waldlandschaft mit Ausblick auf eine weiter entfernte Stadt versetzt vorfinden.

Es ist typisch für Bruegel die Schlüsselszene etwas zu verstecken und nicht gleich erkennbar zu machen. Auf die Spitze getrieben wurde dies bspw. im "Sturz des Ikarus", bei welchem der titelgebende Protagonist nur noch an seine Füße aus dem Wasser streckt. Hier wird uns also allerhand Gelegenheit geboten, die kleinen Teilszenen des Gemäldes zu betrachten. So erkennen wir vorne links, gleich neben dem großen Baum einen Pilger nach Santiago de Compostella, man sieht deutlich die "Pilgermuscheln" auf seinem Hut. Der Mann etwas weiter rechts kommt aus China. Eine Wahrsageszene schließt sich gleich rechts daneben an. Und bei ganz genauem Hinsehen kann man auf dem Werk hinten im Fluss sogar eine Taufszene erkennen. Damit wird die Taufe Christi durch Johannes vorweggenommen und der Fluss kann als Jordan identifiziert werden.


Dieses Gemälde wurde im Besitz der Infatin Clara Eugenia, die im 17. Jahrhundert Gouverneurin der Niederlande war, dokumentiert. Heute befindet es sich in Budapest, eine zweite Version des Werkes, gemalt von Pieter Bruegel d. J. in der Pinakothek München.



Pieter Bruegel der Ältere - Die Predigt Johannes des Täufers

Öl auf Eichenholz, 1566, 95 x 160,5 cm, Szépmüvészeti Múzeum, Budapest



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