von Alexandra Tuschka
Die Geschichte des Turmbaus zu Babel ist ein Gleichnis; eine Warnung vor der Übermütigkeit der Menschen. Denn diese — so erzählt das Buch Genesis im alten Testament — wollten einen Turm bauen, der bis in den Himmel reichen sollte. Somit wollten sie sich ein Denkmal erschaffen. Die Menschen, von denen wir hier sprechen, sind nicht viele Generationen von Adam und Eva entfernt. Sie sind die Nachkommen Noahs. Gott jedoch — im alten Testament ein strafender, unnachgiebiger Geselle — verhinderte dies, indem er ihnen ihre gemeinsame Sprache nahm. Von nun an konnte der Bau des Turmes nicht weitergehen, denn die Verständigung war nicht möglich. Die Stadt «Babel» mag vom hebräischen Wort «balal» für «verwirren» kommen.
Zwei Gemälde dieses Themas sind erhalten; ein drittes, kleines auf Elfenbein ist verschollen. Womöglich verarbeitet Bruegel auch Eindrücke seiner direkten Umgebung von Antwerpen (damals «Antdorff»), das mit seinen mehr als 100000 Einwohnern zu einer der wenigen Großstädten Europas zählte und stetig Zuwachs bekam.
Ein Kran thront auf einer Rampe des Turms rechts. Es braucht drei Männer, um ihn zu bedienen. Ein Stein, der am Kran hängt, wird hochgezogen. Einer dieser Kräne soll in Antwerpen auf dem Markt gestanden haben. Die Wiedergabe technischer Details und der Transportarbeiten gibt uns ein Zeugnis damaliger Baugepflogenheiten. Das ganze Dorf scheint beim Bau des Turms behilflich zu sein, hierfür werden auch die Wasserweg genutzt. In der Hierarchie befanden sich die Hilfsarbeiter ganz unten, die Steinmetze an der Spitze. Diese sind im Vordergrund bei der Huldigung des Herrschers zu sehen. Dafür haben sie ihre Werkzeuge selbstredend zur Seite gelegt. Der Mann ist der Überlieferung nach König Nimrod; hier mit Zepter und Krone ausgezeichnet.
Die Architektur des Turms selbst verjüngt sich nach oben. Romanische und Antike Einflüsse sind erkennbar. Die weißen, festen Außenwände sind rechts oben durchbrochen, so dass wir die roten Ziegeln im Inneren erkennen können. Aber selbst die Außenwände sind nicht fertig. Um zu verdeutlichen, welch ambitioniertes Projekt dieser Bau ist, wird an allen Stellen gleichzeitig gewerkelt. Kleine Bauhütten wurden auf den Rampen errichtet, so dass die Arbeiter die weiten Wege von zu Hause zur Arbeit sparen konnten. Als Kontrast zum mächtigen Turm wirft dieser einen Schatten auf die dahinterliegende Stadt. Somit wird sie nicht nur durch die Lichtführung, sondern auch symbolisch unbedeutend. Es gibt Hinweise, dass das Werk ursprünglich noch größer gewesen sein muss und zu zwei Seiten beschnitten wurde.
Bei dem Trubel findet der Betrachterblick keinen Halt. Diese Darstellung, die fast «Wimmelbild»-artigen Charakter hat, beeinflusste viele Nachkommen. Es wurde häufig kopiert und ist die berühmteste Darstellung der Turmbau Episode der abendländischen Kunstgeschichte.
Pieter Bruegel d. Ä. - Der Turmbau zu Babel
Öl auf Leinwand, 1563, 114 × 155 cm, Kunsthistorisches Museum in Wien
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