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Pedro Berruguete – Christus in der Vorhölle/Limbus

von Alexandra Tuschka


Wer recht bibelfest ist und sich wundert, welche Szene denn hier zu sehen ist, und was Christus hier eigentlich tut, dem wird mit einem Blick in das apokryphe Nikodemusevangelium geholfen. Zwischen Kreuzigung und Auferstehung wird hier eine Szene beschrieben, bei welcher Christus eine "Höllenfahrt" macht. Dieser Teil nennt sich "Vorhölle" oder "Limbus", das ist der Rand der Hölle, aus dem noch Erlösung möglich ist. Jesus wird in dieser Szene üblicherweise mit dem Kreuz gezeigt, welches die Kraft hat, die Seelen wieder aufzurichten. Der Hölleneingang wiederum wird hier eher wie ein Felsentor interpretiert, welches von kleinen Teufeln und grotesken Gestalten bewacht wird. Satan und Hades, die laut dem Quelltext die Hölle beherrschen, sind in dieser Version nicht zu sehen.

Warum aber befinden sich so wichtige Gestalten wie Adam und Eva hier? Sie sind gut erkennbar an Apfel, Schlange und ungeschickt verdeckter Scham. Sie sind deutlich gealtert; stehend dahinter befindet sich Johannes der Täufer in seinem Kamelgewand. Aber besonders er hat doch gar nichts verbrochen. Hier zu sehen sind die Seelen des sogenannten "Alten Bundes", der durch Jesus erneuert wurde. All diese Figuren sind vor ihm gestorben, haben also zeitlich noch keine Erlösung durch Jesu erfahren dürfen. Das holt dieser mit der Geste der Handgelenk-Griffes nach, mit welchem er die Seelen eine nach der anderen aus der Vorhölle befreit. Der Griff ans Handgelenk durch Jesus symbolisiert die Einseitigkeit der Handlung. Grundsätzlich unterschied man zwei Arten der Vorhölle: den Teil mit den Seelen des alten Bundes (limbus patrum) und jenen mit den Seelen ungetauft gestorbener Kinder (limbus infantium). Daher finden wir, wie auch hier, auch Kinder diesen Darstellungen. Diese Überzeugung gibt es auch heute noch, so dass Priester in vielen Regionen ungetaufte Kinder auch nach ihrem Tod noch taufen.


Rechts steht ein Mann mit Hörnern, dieser ist aber keineswegs der Teufel, sondern Mose, welcher aufgrund eines Übersetzungsfehlers in der frühen lateinischen Bibel als "gehörnt" beschrieben wurde, wenn er doch eigentlich laut Urquelle "erleuchtet" war. Daher finden wir in der Kunst bis zum Barock Mose auch mit den Hörnen vor.



Pedro Berruguete – Christus in der Vorhölle/Limbus

Öl auf Holz, 1499, Catedral de Cristo Salvator, Avila


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