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Honoré Daumier - Don Quichotte

von Alexandra Tuschka


Unzweifelhaft darf der Franzose Daumier als einer der größten Karikaturisten der europäischen Kunst bezeichnet werden. Oft wird dabei vergessen, dass er seine Gesellschaftskritik nicht nur ironisch verpacken konnte, sondern sehr wohl zu ernsthaften Bildthemen in der Lage war. Dieses späte Gemälde scheint sich an einer Schnittstelle zu bewegen. Man weiß beim ersten Blick nicht so recht, wen man hier vor sich hat - ist dieser „Don Quiotte“ eine Witzfigur oder ein abstrahierter Held?

Vielleicht ist er beides. Vielleicht ist aus diesem Grund die Darstellung Daumiers so treffend: Don Quiotte nimmt sich selbst zwar als edlen und starken Ritter wahr, führt aber seine Kämpfe letztlich gegen Hammelherden, Schläuche und – die berühmten – Windmühlen.

Seine Eigenwahrnehmung wird durch die aufrechte Körperhaltung, den stolz unter den Arm geklemmten Helm und die hoch erhobene, sogar den Bildrand sprengende Lanze, signalisiert. Das Gesicht ist nicht vorhanden; womöglich ein Ausdruck seines Wahnsinns. Zudem ist diese starke Abstrahierung als Einladung zu verstehen – der Betrachter darf sich schmunzelnd den stolzen Gesichtsausdruck des Mannes hinzudenken.


Am Horizont ist noch ein schwammiger Umriss zu sehen: womöglich folgt hier, mit einigem Abstand, Don Quiottes treuer Anhänger Sancho Panza. Das Pferd Rosinante und auch die hageren Beine des Reiters erinnern an die überzogenen Formdarstellungen einer Karikatur . Klapprig setzt das Pferd einen Schritt vor den anderen; fast scheint es nach vorn überzukippen.

Die Effizienz, die Daumier im Laufe seiner graphischen Ausbildung erlernt hat, findet auch hier Anwendung: Mit nur spärlichen Mitteln, wenigen Umrissen und kräftigen Farben schafft Daumier ein stimmungsgeladenes und raffiniert erheiterndes Gemälde.



Honoré Daumier - Don Quichotte

Öl auf Leinwand, ca. 1868, 51 x 32 cm, Neue Pinakothek in München

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