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Giovanni Domenico Tiepolo - Der Bau und der Einzug des Trojanischen Pferdes

von Alexandra Tuschka


Gleich zwei beeindruckende Ölskizzen, die gemeinsam in der National Gallery in London hängen, thematisieren die Geschichte um das Trojanische Pferd. Es ist der entscheidende Moment im Krieg der Griechen gegen Troja. Selbst nach Jahren der zähen Belagerung Trojas durch die Griechen, haben diese die Stadtmauern nicht durchbrechen können. Da hat Odysseus eine raffinierte Idee. Er will dafür sorgen, dass ein großes Pferd in die Stadt gelangt, in welchem sie Soldaten unterbringen.


Das Bild des Italiener Tiepolo zeigt die Arbeit an dem riesigen Pferd. Hier ist es nicht offensichtlich aus Holz, wie im Quelltext, sondern eher einem Pferd aus Fleisch und Blut nachempfunden, allerdings in monochromem Farbauftrag. Wir sehen das Hinterteil des Pferdes besser als seine Vorderseite, dafür sorgt auch das Sonnenlicht von rechts. Die Mähne, der Schwanz und die glänzende Haut lassen es recht bewegt erscheinen. Die Hektik und Vehemenz, welche die Männer ausdrücken, zeigt auch ihre Begeisterung für die neue Idee, aber auch deren Dringlichkeit. An allen Stellen wird gleichzeitig gewerkelt, ein wildes Durcheinander von Leitern, Werkzeugen und Holzpflöcken lässt den rechten Bildgrund etwas chaotisch erscheinen. Die Körperarbeit findet ihren Ausdruck in den kräftigen Männern, die zum Schlag ausholen. Ganz rechts warten schon die gerüsteten Soldaten auf den Einstieg. Dem gegenüber links sehen wir zwei ältere Männer, die über das Ergebnis sprechen. Dies sind vermutlich die Köpfe der Aktion: der raffinierte Odysseus und der griechische König Agamemnon. Womöglich könnte aber auch Epeius gemeint sein, der Erbauer des Pferdes. Im Hintergrund zieht sich eine Steinmauer mit Türmchen ins Bild sowie einige Zuschauer.

Wie nun soll das Pferd nach Troja gelangen? Die Stadtmauern waren schier unüberwindlich. Auch dies haben die Griechen eingeplant: sie ziehen ihre Flotte und ihre Männer zurück, und suggerieren dem Trojanischen König Priamus, dass sie den Krieg aufgegeben hätten. Das große Pferd stellen sie herrenlos an den Strand. Sonst ist kein Grieche weit und breit mehr zu sehen. Priamus bespricht die Lage mit seinen Männern. Cassandra, die Seherin, mahnt, es sofort anzuzünden, da es eine Falle sei. Andere lassen sich schneller blenden. Sinon, ein Gefährte Odysseus, kommt blutüberströmt in die Stadt, gibt sich für die falsche Seite aus und die Ereignisse falsch wider und kann mit seinem Schauspiel schließlich auch den König überzeugen. Nun wird das Pferd als Triumphsymbol gedeutet, was zudem innerhalb der Stadtmauern Glück und göttliche Unterstützung bringen soll.


Daher wird der Einzug des Pferdes auch mit großem Jubel begleitet, wie wir im zweiten Werk Tiepolos sehen können. In diesem sind viele Trojaner auf den Beinen und Männer und Frauen fassen tatkräftig mit an, ein kleiner Junge kommt noch nicht ganz an das Seil. Auf den Stadtmauern jubelt das Volk. Die lateinische Inschrift an der Seite des Pferdes lautet: PALADI VOTUM" (Ein Opfer für Pallas). Hier wird auf Athene hingewiesen, deren Unterstützung als Kriegsgöttin unverzichtbar erschien. Wie wir wissen, lief es leider anders. Die Prophezeiung der Seherin Cassandra sollte sich bewahrheiten und die Soldaten im Inneren des Pferdes würden Troja stürzen können. Die Seherin, übrigens, wird hier im Hintergrund verhaftet. Ihre nervigen Warnungen will man in so einer Situation eben nicht hören. Die Ansicht von Troja ist eng an die antiken Bauten in Rom angelehnt, und die gigantischen Zinnen erinnern an antike Festungsanlagen.

Auch bei diesem Gemälde sehen wir das Pferd von hinten. Sein in dunkel gefasstes Vorderteil, der erhobene Huf und der etwas nach rechts geneigte, instabil wirkende Drall, lassen auch den Betrachter eine leicht bedrohliche Situation erspüren. Der lange Weg, der sich bis tief ins Bildinnere zieht, trägt auch dazu bei.

Beide Ölskizzen dienten als Vorlagen für monumentale Ausarbeitungen. Diese wurden im Jahr 1773/4 ausgearbeitet. Als Vorentwurf vermittelt die beiden Werke einen eher hastigen Eindruck, der aber gut zum Thema passt. Die Farben sind gedämpft, einige starke Farbakzente, wie die Frau im roten Kleid, stechen umso deutlicher hervor. Im Vergleich zur Skizze sieht man, dass noch einige kleine Anpassungen vorgenommen wurden. Die gesamte Szene wurde nur dünn gemalt, was die Spontaneität der Technik noch verstärkt. Der "Bau des Trojanischen Pferdes" befindet sich heute in Wadsworth Atheneum in Hartford, Connecticut. Der Standort des anderen Werkes ist unbekannt. Auch existiert eine dritte Skizze, die zeigt, wie die Griechen vom Pferd steigen und die Stadt erobern. Diese ist nicht zugänglich und wird in einer Pariser Privatsammlung vermutet.

Giovanni Domenico Tiepolo - Der Bau des Trojanischen Pferdes

Öl auf Leinwand, ca. 1760, 38.8 x 66.7 cm, National Gallery, London


Giovanni Domenico Tiepolo - Der Einzug des Trojanischen Pferdes

Öl auf Leinwand, ca. 1760, 38.8 x 66.7 cm, National Gallery, London


Giovanni Domenico Tiepolo - Der Bau des Trojanischen Pferdes

Öl auf Leinwand, ca. 1773/4, 224,2 x 391,2 cm, Wadsworth Atheneum, Hartford, Connecticut


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