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Jean-Léon Gerômé - Pollice verso

von Alexandra Tuschka


Fragend schaut der Gladiator zum Publikum. Er hat seinen Fuß auf die Kehle seines Gegners gedrückt. Dieser streckt hilfesuchend den Arm nach oben. Zwei andere Gladiatoren liegen bereits besiegt am Boden. Waffen, die zwischen den Leichen liegen, sprechen für einen aufregenden Kampf. Die Menschen auf der Tribüne geben ihrer Antwort Nachdruck. Der Daumen nach unten fällt das Todesurteil über den am Boden liegenden Mann. Der Franzose Geromé hat sich wie kaum ein Anderer ausgiebig mit der Welt der Gladiatoren beschäftigt und mit seinen Darstellungen unser heutiges Bild von diesen geprägt. Auf der Tribüne ist allerhand los, denn jeder will einen Blick auf das Spektakel erhaschen.

Die in Weiß gekleideten Damen sind die Vestalinnen, Priesterinnen der Göttin des heiligen Feuers. Diese mussten zwar keusch leben, besaßen dennoch durch ihren Status gewisse Privilegien. Dazu gehörte auch das Anrecht auf den prominenten Platz zur Linken des Kaisers und abseits der Masse, wie hier im Bild zu sehen ist. Dass die Vestalinnen bei den Gladiatorenkämpfen stets anwesend waren, ist historisch belegt. Auch weitere überlieferte Details wie das Sonnensegel, welches das Licht filtert, hat Geromé in das Bild eingebaut. In der Mitte, recht unauffällig dargestellt, sitzt der Kaiser auf seinem goldenen Thron. In seiner Nähe ist eine rothaarige Frau zu erkennen, die an ihrer Kette spielt – eine Geste aus Unbehagen? Hat sie Mitgefühl mit dem Opfer oder langweilt sie das Spektakel sogar?



Jean-Léon Gerômé - Pollice verso

Öl auf Leinwand, 1872, 96,5 x 150 cm, Phoenix Art Museum in Phoenix

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