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Frans Hals - Der lachende Kavalier

von Alexandra Tuschka


Beim Lesen des Gemäldetitels "der lachende Kavalier" mag man sich zuerst ein etwas heiteres Gemälde vorstellen, als dieses. Die Mundwinkel sind nicht sehr erhoben, die Zähne zeigt uns der Mann bei seinem "Lachen" ebenso wenig - ja, man könnte sogar böswillig meinen, dass dieser Mann nicht einmal sehr freundlich schaut, sondern ein wenig "von oben herab" - und das buchstäblich! Was nicht zu verneinen ist, ist sein direkter und selbstbewusster Blick auf den Betrachter und auch sein attraktives Äußeres. Mit den vollen Locken, dem lebendig geschwungenen Schnurrbart und den rosigen Wangen sieht er gesund und ansprechend aus. Den linken Arm keck in die Seite gestützt, den ausladenden Hut auf dem Kopf, den schneeweißen Kragen am Hals trägt er seinen Status selbstbewusst zur Schau. Über die Identität des Mannes wird bis heute wild spekuliert, eindeutig geklärt werden konnte sie bislang nicht. Der Gemäldetitel verrät uns weiterhin, dass wir es mit einem "Kavalier" zu tun haben wollen. Dieses Wort bezeichnet heute einen wohl erzogen Herren, der bspw. den Damen die Türe aufhält und den Stuhl zurückzieht; ursprünglich wurde das Wort aber für Reiter oder Ritter verwendet. Dass dieser Herr zumindest bewaffnet ist, zeigt ein goldener Degenknauf. Eine Inschrift rechts oben erklärt uns das Alter des Dargestellten: 26 Jahre. Dieser irreführende Gemäldetitel ist ein Ergebnis der viktorianischen Presse, die sich 1865 sehr für ein Bietergefecht bei einer Pariser Auktion interessierte. Diese spielte sich zwischen dem 4. Maquess of Hertford und Baron James de Rothschild ab. Hertford erwarb das Gemälde für eine damalige horrende Summe von 51.000 Francs. Dies verhalf dem Künstler sowie dem Kunstwerk zu großem Ruhm. 1888 wurde das Gemälde unter seinem heutigen Titel offiziell in der Royal Academy ausgestellt.

Das Gemälde zeigt ein Bruststück als Halbportrait, vor dem grauen Hintergrund hebt sich der junge Mann in seinem farbenfrohen Kostüm stark ab. Die leichte Untersicht macht möglich, dass der Dargestellte ein wenig auf uns herabsieht. Irgendwie sieht er auch amüsiert aus. Auffallend ist auch seine bunte und stark verzierte Kleidung. Frans Hals zeigt hier ein überwältigendes Maß an Detailreichtum, so dass im Muster der Jacke allerhand symbolische Motive zu erkennen sind. Diese werden oft als Deutungshilfe herangezogen. So sehen wir Liebesmotive wie Pfeile, verschlungene Knoten, Blumen, ein brennendes Füllhorn... weshalb oft angenommen wird, dass das Portrait einer Verlobung diente. Die erwähnten Motive wurden in Emblembüchern der Zeit identifiziert und symbolisieren die Freuden und Leiden der Liebe. Da allerdings bis heute kein weibliches Gegenstück aufgetaucht ist, ist es auch nicht unwahrscheinlich, dass hier ein Handwerker, Kaufmann oder Händler sein Portrait in Auftrag gegeben haben könnte - nicht unüblich für die "goldene Zeit" der Niederlande, in welchem die reiche Bürgerschicht ihren Status zum Ausdruck brachte. Für diese Annahme spricht auch der schneeweiße, filigrane Kragen, der ein Statussymbol war und nicht einfach in der Pflege. Der Quecksilberstab, ein weiteres Motiv der Stickerei, spielt auf handwerkliche Tätigkeiten als möglichen Beruf des Dargestellten an. Auf jeden Fall lässt sich festhalten, dass hier vom Maler besonderer Wert auf die Ausarbeitung des Kostüms gelegt wurde, welche im restlichen Ouevre des Niederländers seinesgleichen sucht.

Als Identität wurde in neuester Zeit u. A. vom Kunsthistoriker Pieter Biesboer der Haarlemer Kaufmann Tieleman Roosterman vorgeschlagen. Obwohl auf den ersten Blick beide Männer doch recht unterschiedlich aussehen, gibt es Anhaltspunkte, die für diese These sprechen: Tieleman wurde 1598 geboren, war also zum Zeitpunkt der Werkentstehung - wie beschrieben - 26 Jahre alt. Auch wohnte er in Haarlem und gehörte zu der typischen Bürgerschicht, für die Frans Hals Portraits anfertigte. Tieleman wurde im Jahr 1634 von Hals (nochmal?) portraitiert. Manche wollen eine kleine Narbe in den Augenbrauen beider Männer erkennen und ziehen auch das Familienwappen der Roostermans, welches Pfeile enthält, zur Unterstützung dieser These heran. Allerdings sprechen doch recht einfache Beobachtungen wie die rötliche Färbung der Haare einerseits und die aschbraune andererseits sowie die leicht unterschiedlichen Augenfarben deutlich gegen diese These. So ist anzunehmen, dass die wahre Identität noch entdeckt werden darf.

Frans Hals - Der Lachende Kavalier

Öl auf Leinwand, 1624, 83 x 67,3 cm, Wallace Collection, London


Frans Hals - Tieleman Roosterman

Öl auf Leinwand, 1634, 117 x 87 cm, Museum of Art, Cleveland


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