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Albrecht Dürer - Selbstbildnis im Pelzrock

von Alexandra Tuschka


Direkt und ohne Umschweife schaut uns der deutsche Renaissance-Künstler Albrecht Dürer hier in die Augen. Sein Gesicht ist uns frontal zugewandt, der Blick wach, der Lippen entspannt. Die Haare hat der Mann durch einen klaren Mittelscheitel ebenso säuberlich in zwei gleiche Hälften geteilt. Die Locken, die nun von beiden Seiten des Gesichtes herabhängen sind sorgsam eingedreht worden, der Bart ist gestutzt. Die dargestellten Stoffe und Materialien sind so genau dargestellt, dass einzelne Wimpern und sogar unterschiedliche Stoffasern unterscheidbar sind. Der Pelz, den Dürer hier trägt, war allerdings Menschen hohen Standes vorbehalten. Auch die Frontalansicht ist ein Unikum dieser Zeit. Einerseits bot es, im Vergleich zum Halbprofil oder Profil, kaum Möglichkeiten eine hohe Plastizität des Gesichtes zu erreichen, andererseits erinnert uns diese Draufsicht unweigerlich an Ikonen-Darstellungen. Die erhobene rechte Hand, die hier auf dem Pelz ruht, entspricht dabei einem Segensgestus. Der Hintergrund gibt nichts preis; nur zwei Gravuren verraten etwas über die Entstehungsumstände. Links im Bild die Jahreszahl "1500" und das Monogramm des Künstlers, rechts im Bild die Inschrift mit den Worten: "So malte ich, Albrecht Dürer aus Nürnberg, mich selbst in naturgetreuen Farben im Alter von 29 Jahren." Das typische Atelierlicht, was hier von links oben ins Bild fällt, war eine praktische Wahl der Lichtquelle, da der rechtshändige Künstler ohne Schatten seiner Hand Abstufungen vornehmen konnte. Aber nun zur wichtigsten Frage: was bewog Dürer zu dieser ungewöhnlichen Wahl?

Um das Werk zu verstehen, sollten wir uns in die Zeit der Renaissance und des aufkommenden Humanismus zurückversetzen. Künstler galten jahrhundertelang als Handwerker, ihnen wurde keine eigene Schöpfungskraft zugesprochen. Gab bspw. die Kirche einen Auftrag, so wurde einer guter Mann zum Ausführen dieses Auftrages gesucht; dessen Identität jedoch war nebensächlich. Auch galten lange nur sakrale Themen als überhaupt bildwürdig, was im Umkehrschluss bedeutete, dass Portraits und Selbstportraits normaler Bürger lange überhaupt keinen Platz in der Kunst hatten. Dies änderte sich auch dadurch, dass Farben und Materialien mit der Zeit erschwinglicher wurden. Von Dürer jedoch ist bekannt, dass er sich sehr wohl seiner eigenen Schöpferkraft bewusst war. Er ließ sich sogar sein Monogramm sichern, wie eine Art Markennamen und auch die Wahl dieses ungewöhnlichen Bildnisses spricht für sein gesundes Selbstbewusstsein und das Streben nach Aufstieg. Nicht zuletzt der Pelz, der ihm zu diesem Zeitpunkt eigentlich noch nicht zustand, ist ein Zeichen dafür.

Es wird nicht vermutet, dass dies eine Auftragsarbeit war, sondern vielmehr, dass das Werk bis zum Lebensende des Genies in seinem Wohnraum seines Haus gehangen haben soll. Vielleicht war es eine Art Kostprobe für mögliche Auftraggeber? Immerhin ist dieses Werk der Zeit entsprechend realitätsnah, reich an Stofflichkeit, der Blick direkt und ohne Angst und wäre ein gutes und beeindruckendes Aushängeschild für sein Können. Die starre Zweiteilung des Werkes sowie die pyramidale Komposition vermitteln zudem Stärke und Sinn für Ästhetik.


Der blasphemische Beigeschmack, sich hier wie eine heilige Ikone, allen voran wie Jesus selbst, zu zeigen, der heute manchmal in das Bild gelesen wird, ist von Dürer sicherlich nicht beabsichtigt gewesen. Vielmehr drückt Dürer durch diese Wahl sein Selbstverständnis als den zweiten Schöpfer nach Gott aus. Auch verkörpert er hiermit ein Glaubensbekenntnis. Denn die Bibel fordert uns immer wieder auf, wie beispielweise bei den Römern 8,29, Jesus als Vorbild zu nehmen und ihm ähnlich zu werden. Dürer hat dies freilich sehr wörtlich genommen.


Albrecht Dürer - Selbstbildnis im Pelzrock

Öl auf Holz, 67,1 x 48,9 cm, 1500, Alte Pinakothek, München


Unbekannter Künstler - Jesus Christus

6. Jahrhundert, 84,9 x 45,5 cm


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