von Alexandra Tuschka
Im Volksmund heißt es manchmal: Die besten Beziehungen sind die, wo der Mann die Frau ein bisschen mehr liebt als sie ihn. Bei Pygmalion und Galatäa scheint das ganz offenbar der Fall zu sein. Agnolo di Cosimo – auch „Il Bronzino“ genannt, ist uns heute vor allem durch seine zahlreichen Portraits bekannt. Diese Episode aus Ovids Metamorphosen thematisiert jedoch die entflammte Liebe eines Bildhauers für seine Skulptur.
Pygmalion war König von Zypern. Obwohl er Frauen mied, da er sie als lasterhaft ansah, schuf er eines Tages eine Statue aus Elfenbein, die schöner war als die Natur. So schön, dass er selbst sich in sie verliebte. Er nahm sie sogar mit in sein Bett und beschenkte sie. Er opferte Venus am Tag des Venusfestes eine Jungkuh und erbat, sie möge die Statue zum Leben erwecken. Venus erhörte sein Gebet und entflammte das Opferfeuer. Als er von seinem Opferzeremoniell heimkehrte, küsste er die Statue. In diesem Moment wurde ihr Leben eingehaucht. Später heirateten sie.
Bronzino zeigt das Tieropfer in der Mitte des Werkes und den betenden Pygmalion, der, vor seiner bereits zum Leben erweckten Statue, zum „an-betenden“ wird. Sein Werkzeug ist nicht mehr interessant, es liegt achtlos auf dem Boden. Anders als viele andere Künstler wählt er nicht das Atelier, und den Moment des Kusses oder der Lebend-werdung der Angebeteten, sondern versetzt die Szene in einen Außenraum vor einer Landschaft.
Das Thema erfreute sich in Italien des 15. und 16. Jahrhunderts besonderer Beliebtheit. Es war ein exemplarisches Beispiel dafür, dass die Künstler die Natur sogar übertreffen konnten und das Sujet fügte sich in eine der Hauptdiskussionspunkte der Paragone: was ist die höhere Kunst – die Bildhauerei oder die Malerei? Bei diesem Thema war die Malerei gar imstande, eine Bildhauerei zum Leben zu erwecken. Verfechter der Bildhauerei wiederum argumentierten oft mit der Vielansichtigkeit, die der Malerei abhanden blieb. Bronzino integrierte diesen Aspekt, indem er drei Betrachterblickpunkte wählte. Wir, das Opfertier und Pygmalion schauen aus verschiedenen Blickachsen auf die Schöne. Typisch für den Manierismus hat Galatäa langgezogene Gliedmaßen, einen schlanken Hals und leicht verdrehte Körperwindungen.
Agnolo Bronzino - Pygmalion und Galatäa
Tempera auf Holz, 1529 - 1532, 81 x 64 cm, Galerie der Uffizien in Florenz