Motive, Symbole, Figuren
Was sind Vanitassymbole?
Der Begriff Vanitas leitet sich aus der Biblia vulgata ab, der im Mittelalter verbreiteten lateinische Fassung der Bibel. Der Ausdruck „vanitas vanitatum“ wid in der Lutherbibel mit „Alles ist eitel“ übersetzt und ist – auch in der abgekürzten und populären Bezeichnung „Vanitas“ ein Ausdruck für die Vergänglichkeit allem Lebendigen. Damit wird der Betrachter ermahnt, sich nicht an die weltlichen Freuden zu heften. Auch befinden sich solche Symbole oft auf Portraits der höheren Bürgerschicht. Auch hier wird darauf hingewiesen, dass der Dargestellte sich seiner eigenen Sterblichkeit bewusst ist. Die Verbreitung der Vanitassymbole verstärken sich im 16.- 18. Jahrhundert in der gesamten europäischen Kunst, finden sich aber besonders gehäuft in den Niederlanden und Flandern. In diese Zeit fällt auch ein Paradigmawandel in der Kunst; denn die Abwendung rein sakraler Themen führt zu einer Hinwendung profaner Themen. Der tief verankerte christliche Glauben drückt sich auch in den Symbolen aus, welche zwar das Auge erfreuen, indem Genüsse oder schöne Gegenstände und Motive gezeigt werden, aber dennoch gleichzeitig durch die Integration eines Vanitassymboles auf die Kurzlebigkeit derselben hinweist. Im 15. – 17. Jahrhundert gab es zahlreiche Mahnpredigten, die den Verfall der Sitten kritisierten. Dazu gehörten die Sünden Eitelkeit, Habsucht, Völlerei und Wollust – alles Sünden, die die übermäßige Anhaftung an das irdische thematisieren.
Vanitassymbole sind meist gut zu erkennen, da ihre Symbolhaftigkeit sich über mehrere Jahrhunderte nicht veränderte und die Assoziationen auch heute noch naheliegend erscheinen. So ist ein typisches Symbol der Totenschädel, der einerseits an die Vergänglichkeit erinnert, andererseits natürlich auch für den Tod selbst stehen kann und somit in erster Linie und sehr unmittelbar an diesen erinnert. Die Einfügung eines Totenschädels in ein Stillleben war ein beliebtes Mittel, um eben dieses auszudrücken. Bei Hans Holbein finden wir das elegant gelöst; neben zahlreichen weltlichen Gegenständen, die nicht sofort an die Vergänglichkeit erinnern, wurde ein Totenschädel als Vexier – als Zerrbild integriert. Dieser ist recht raumnehmend auf dem Boden angeordnet und eröffnet so eine tiefere Ebene, die der Betrachter erst auf den zweiten Blick entdecken kann. Der Totenschädel und auch die Personifikation des Todes – stärker auf den Tod ausgerichteten Symbole und Personifikationen nennt man auch „memento mori“- Sinnbilder, denen wir ein eigenes Video widmen. Auch Musikinstrumente zählen zu diesen Symbolen, denn ihr Klang ist von kurzer Dauer. Wenn wir bei diesem Werk genauer hinsehen, entdecken wir eine gerissene Saite an der Laute. Dieses kleine Detail verstärkt die Botschaft, findet sich häufig wieder, unter anderem bei Caravaggios Werken.
Auch die Sanduhr oder verstreichende Zeit ist ein willkommenes Symbol wie beispielweise bei diesem Werk von Hans Baldung Grien. Das schöne Mädchen scheint sich in Eitelkeit im Spiegel zu bewundern. Völlig gedankenverloren bemerkt sie nicht den Tod, der sich von rechts nähert und mit der Sanduhr über ihrem Kopf auf das nicht allzu ferne Ende hinweist.
In Stillleben sind Vanitassymbole oft integriert, aber nicht immer sofort zu erkennen. Neben den Instrumenten zählen umgekippte Becher oder Vasen zu den Symbolen, verdorrte Blumen oder Früchte. IN diesem Werk ist einiges davon zu sehen. Rechts oben in der Obstsschale beginnen einige Äpfel zu faulen, auch die Blume darunter hat ihre besten Tage schon hinter sich. Ganz sanft hat sich Staub auf die Szene gelegt. In diesem sind noch Fingerabdrücke zu erkennen: Die letzten Spuren des Musikanten führen zu einer Steigerung der Realität im Werk. Aber eine Kreatur ist zu sehen: Hier hat sich links schon eine kleine Fliege eingenistet, die auf den Verfall der Gegenstände aufmerksam macht.
Der Künstler David Bailly sammelt in seinem Selbstportrait viele Vergänglichkeitssymbole. Einige davon wurden bereits erwähnt: wir finden eine Flöte, den Schädel, den umgekippten Becher und auch die Sanduhr wieder. Der Künstler integriert aber noch weitere – nicht so populäre Motive. Dazu gehört die ausgehende Kerze, die Pfeife, aber auch Münzen und Schmuck als Symbol der weltlichen Güter. Er zeigt uns zudem eine Aussicht auf sein eigenes Altern und durch die Integration der – bereits verblassten Kunstwerke – an der Wand, fügt sich dieses homogen ein. Einige Seifenblasen schwirren durch das Bild.
Dieses weitere – in der Kunst nicht so präsentes – Vanitassymbol wird mit einem feststehenden Begriff in der Kunstgeschichte in Verbindung gebracht „homo bulla“ – der Mensch als Seifenblase. So wirken Gemälde mit diesem Motiv oft harmlos und verspielt, manchmal sind Kinder zu sehen. Jedoch bleibt die Mahnung die Gleiche: erinnere dich, dass du sterblich bist!