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Konrad Witz - Der wundersame Fischzug

von Alexandra Tuschka


3 Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot, und in dieser Nacht fingen sie nichts.

4 Als es aber schon Morgen war, stand Jesus am Ufer, aber die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war.

5 Spricht Jesus zu ihnen: Kinder, habt ihr nichts zu essen? Sie antworteten ihm: Nein.

6 Er aber sprach zu ihnen: Werft das Netz aus zur Rechten des Bootes, so werdet ihr finden. Da warfen sie

es aus und konnten's nicht mehr ziehen wegen der Menge der Fische.

7 Da spricht der Jünger, den Jesus lieb hatte, zu Petrus: Es ist der Herr! (Joh 21)


Jesus steht nun, rot ummantelt und monumental, am Ufer. Seine Füße sind nicht zu sehen, fast schwebt er ein wenig über dem Boden. Petrus ist ins Wasser gesprungen und die anderen Jünger haben helle Mühe, das nun von Fischen gefüllte Netz ins Boot zu hieven. Der dramatisch bewegte rote Mantel des Vordersten ist dabei besonders eindrücklich und steht der Stille und Bedächtigkeit des Heilands kontrastreich gegenüber. Auch kompositorisch wird diese Gegenüberstellung durch die Vertikale (Jesus) und Horizontale (Boot) ausgedrückt.

Dieses Werk entstand als Altarbild und bildete den linken Außenflügel; leider ist nur noch eine weitere von ursprünglich vier Tafeln erhalten geblieben. In Auftrag gegeben wurde dieser Altar vom Kardinal Francois de Mies für die Genfer Petruskapelle. Daher sind auch beide Namen geläufig "Petrusaltar" und "Genfer Altar".


Klassisch für das Mittelalter finden wir auch hier eine Simultandarstellung, also mehrere Szenen im Bild, die eigentlich nacheinander stattfinden, sehen wir gleichzeitig. Damit steht der zyklische Charakter im Vordergrund, der sich im Laufe der Renaissance langsam verlieren sollte. So sehen wir Petrus einmal auf dem Boot und einmal vom Boot ins Wasser gesprungen. Beeindruckend, wie Witz damals schon die Spiegelungen des Wassers eingefangen hat. Auch die sogenannte Bedeutungsperspektive greift noch in der etwas größeren Dimension von Christus. Bei dieser Art von Darstellung werden wichtige Figuren groß und unwichtige klein dargestellt - ebenso ein Merkmal des Mittelalters.

Deutlich verwendet der Maler die Farben Rot und Grün. Einzelne goldene Pigmente lassen sich bei Jesus findet. Petrus ist in blau gekleidet. Aber wieso springt Petrus überhaupt ins Wasser? Einerseits wird im gleichen Bibelabschnitt davon gesprochen, dass Petrus "zu den Knien fiel". Der Sprung ins Wasser könnte das Äquivalent sein, welches die Demut und Überraschung ausdrückt. Andererseits wird auf eine andere Bibelstelle verwiesen (Mt 14, 22-33), in welcher Petrus beobachtet, wie Jesus auf dem Wasser geht, dies auch probieren möchte, aber Angst bekommt und versinkt.


Das Werk markiert aber nicht nur aufgrund seiner gelungenen Kombination dieser Szenen einen Meilenstein der Kunstwissenschaft, es hat eine andere Besonderheit: Witz verlegte die biblische Szene, die am See Genezareth (in der Nähe der Stadt Tiberias) spielt, in die heimische Landschaft am Genfer See. So präzise ist seine Darstellung, dass man am rechten Bildrand originale Gebäude sehen kann, die der damaligen Befestigung entsprechen. Über der Horizontlinie sehen wir drei Berge herausragen, die sich in den letzten Jahrhunderten logischerweise nicht allzu stark verändert haben: links sehen wir die Gebirgskette der Voirons, in der Mitte, sehr präsent, der Môle, und schließlich rechts, abgeschnitten, der Salève. Sogar der Mont Blanc ist weit in der Ferne noch zu erahnen. Die Spitze des Môle befindet sich sicher nicht zufällig über dem Haupt Christi, sondern verweist auf dessen Wichtigkeit. Die saftigen Wiesen und Felder sind von allerlei Figuren bevölkert. Der durch diesen Ausschnitt kreierte Tiefenraum ist eine absolute Ausnahme dieser Zeit.


Somit ist dies eins der ersten topografisch genauen Landschaftsbilder der Neuzeit. Witz wird somit oft als Pionier gesehen, der seiner Zeit voraus war. Über sein Leben wissen wir nicht viel, nur ca. 12 Werke werden ihm zugeschrieben und auch nur dieses trägt die Inschrift "hoc opus pinxit magister conradus sapientis de basilea mccccxliiii“ („Dieses Werk malte Meister Konrad Witz aus Basel 1444“ und ist ihm eindeutig zuzuordnen.

Konrad Witz - Der wunderbare Fischzug

Tempera auf Tannenholz, 1444, 132 x 154 cm, Kunstgeschichtliches Museum, Genf


Philipp Otto Runge - Petrus auf dem Meer

Öl auf Leinwand, circa 1806-1807, 116 x 157 cm, Kunsthalle, Hamburg


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