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Jean-Léon Gérôme - Diogenes

von Alexandra Tuschka


Umgeben von vier Hunden, die ihn aufmerksam umringen, sitzt Diogenes in einem riesigen, umgestürzten Tontopf. Laut antiken Quellen war dies ein "Pithos", ein Vorratsgefäß. In der Kunst, auch im Sprachgebrauch, wurde aus dieser Behausung oft ein Fass oder eine Tonne. Mit ein wenig Heu ausgekleidet, dient diese ihm als Wohn-, Schlaf- und Esszimmer gleichzeitig. Dies ist kein Ergebnis unglücklicher Umstände. Der hier gezeigte Diogenes wählte diese Lebensweise. Als sogenannter "Kyniker" lehnte er jegliche Konventionen ab und versuchte, sich seiner Bedürfnisse weitestgehend zu entledigen. Die Hunde, die hier zu sehen sind und ihn so aufmerksam umringen, erinnern an die Wortherkunft der philosophischen Strömung "kýōn" - "der Hund". Während Zeitgenossen Diogenes abwertend so nannten, machte er sich diesen Beinamen zu eigen und benutzte ihn gerne.

Die Laterne, die er gerade, bei helllichtem Tage, entzündet, spielt auf eine der bekanntesten Anekdoten an. Diogenes lief mit dieser suchend über den Athener Marktplatz und leuchtete den Menschen ins Gesicht. Auf die Frage, was er dort tue, antwortete er "Ich suche einen echten Menschen.". Die Laterne ist in der Kunst, mitsamt der Tonne, seit jeher sein Hauptattribut. Der lose an der Tonne liegende Wanderstab zeigt uns zudem, dass Diogenes ein unstetes Leben führte und nicht sesshaft wurde.


Das der französische Künstler Gérôme zeigt hier den antiken Philosophen konzentriert auf dem Boden sitzend. Die Hunde sind womöglich auch als Persiflage zu sehen, da andere Philosophen sich gerne im Kreise ihrer Anhänger zeigten und/oder gemalt wurden. Rechts im Hintergrund sehen wir einen Ausblick auf den Athener Markt. Der Maler wählt Diogenes vergleichsweise jung, bleibt aber der üblichen Darstellungen in einem einfachen Stoffgewand und oft nacktem Oberkörper und fehlenden Schuhen treu. Reisen in die Türkei und nach Ägypten wenige Jahre vor Entstehung dieses Werkes befeuerten Gérômes Liebe zu orientalischen Themen, intensive Studien, insbesondere bei Pompeij, förderten sein Interesse an der Antike. Der verschrobene Diogenes, von denen zahlreiche Anekdoten bekannt sind, fasziniert Künstler bis heute.



Jean-Léon Gérôme - Diogenes

Öl auf Leinwand, 1860, 74,5 x 101 cm, The Walters Art Museum, Baltimore


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